Die Spinalkanalstenose
Synonyme: Spinalstenose – Spinalkanalstenose - Spinale Stenose - Enger Spinalkanal - Spinalkanalverengung
Ist der Wirbelkanal in der Halswirbelsäule (HWS) zu eng, so berichten Betroffene initial nur ein Kribbeln in den Fingern mit Einschränkungen der Feinmotorik. Das Schriftbild verändert sich und feine Arbeiten fallen zunehmend schwer. Die Schmerzen bzw. Missempfindungen können in die Schultergegend, in die Arme und bis in die Finger ausstrahlen. In fortgeschrittenen Stadien kann die Einengung die langen Nervenbahnen des Rückenmarks zu den Beinen derart beeinflussen, dass eine Gangunsicherheit mit Sturzneigung auftritt. Daher wird im Alter die Diagnose häufig nicht erkannt, da eine Sturzneigung bei älteren Menschen als nahezu normal angesehen wird.
Ist die Lendenwirbelsäule (LWS) von der Verengung betroffen, so haben die betroffenen Patienten den Eindruck, dass die Beine sich schwer und pelzig anfühlen. Auch ohne Rückenschmerzen können Ischias-Schmerzen mit Ausstrahlung in die Gesäßhälften und in die Beine auftreten. Die schmerzfreie Gehstrecke wird immer kürzer, so dass die Betroffenen immer häufiger stehenbleiben müssen. Wir sprechen in diesem Fall von einer „Schaufensterkrankheit“, da sich typischerweise die Beschwerden beim Stehenbleiben und beim Vorbeugen kurzzeitig bessern. Die medizinische Diagnose ist in diesem Fall eine „Claudicatio spinalis“. Da ähnliche Beschwerden auch bei Gefäßerkrankungen und Durchblutungsstörungen der Beine auftreten können, wird häufig ergänzend eine Beurteilung durch einen Gefäßspezialisten veranlasst.
Die Betroffenen berichten regelmäßig, dass sie noch ohne Probleme stundenlang Fahrradfahren können. Dies ist mechanisch einfach zu erklären, denn in der Vorbeuge kommt es zu einer Entlordosierung (Aufhebung des Hohlkreuzes) der Lendenwirbelsäule und somit zu einer Erweiterung des Spinalkanals. Treten jedoch Lähmungen, Blasen-/Mastdarmstörungen oder Erektionsstörungen auf, so sollte schnellstmöglich ein Arzt zur weiteren Abklärung aufgesucht werden. Eine Mitbeurteilung durch einen Neurologen mit neurophysiologischer Messung der Nervenbahnen sollte ebenfalls routinemäßig erfolgen.
Der Spinalkanal der Lendenwirbelsäule hat eine genetisch determinierte Weite mit geringster Ausdehnung in Höhe L3/L4. Die am Häufigsten betroffenen Segmente sind zwischen 3. und 4. sowie zwischen 4. und 5. Lendenwirbelkörper. Nach dem Längsdurchmesser des Spinalkanals wird im Bereich der Lendenwirbelsäule die relative Spinalkanalstenose (10 – 14 mm) von der absoluten (unter 10 mm) unterschieden, obgleich dies der komplexen Entstehung des Krankheitsbildes nicht gerecht wird. Dieser Parameter berücksichtigt nämlich nur die zentrale Stenose und nicht die Stenose im Bereich des Recessus lateralis und des Neuroforamens, das bedeutet im Bereich der Nervenaustrittsstellen. In der Regel liegen jedoch Kombinationen aus diesen Formen vor.
Die Diagnose kann nach einer klinisch-neurologischen Untersuchung mithilfe bildgebender Verfahren wie der Kernspintomographie (MRT) oder Computertomographie (CT) gesichert werden. Reicht eine symptomatische, konservative Therapie mit physikalischen, medikamentösen und physiotherapeutischen Maßnahmen nicht aus, so hilft häufig als kausale Therapie nur die Behebung der mechanischen Enge mittels einer Operation.
Im Bereich der HWS wird der Eingriff je nach den anatomischen Verhältnissen von vorne und / oder von hinten durchgeführt und die Halswirbelsäule bei einer Erkrankung mehrerer Bandscheibenhöhen bei Bedarf gleichzeitig aufgerichtet und stabilisiert.
Im Bereich der Lendenwirbelsäule wird dieser Eingriff in den häufigsten Fällen über einen kleinen Hautschnitt am Rücken durchgeführt. Dabei wird der Spinalkanal in einem mikroskopischen Eingriff (Minimalinvasive Operation mit Mikroskop) an der Engstelle erweitert, so dass die Nerven sich wieder ungehindert bewegen und entfalten können. Je nach Ausprägung der Veränderung kann individuell neben der Spinalkanalerweiterung auch eine Stabilisation (Versteifungsoperation) der betroffenen Segmente mittels Schrauben-Stab System notwendig sein.
Der stationäre Aufenthalt dauert in der Regel zwei bis drei Tage. Eine stationäre Anschlussheilbehandlung ist meist nicht erforderlich. Ein individuell geplantes Nachbehandlungsprogramm hilft dabei, die neuromuskuläre Ansteuerung gezielt wieder zu trainieren. Schließlich ist eine gute und stabile Haltung die beste Prophylaxe, sonst heißt es getreu der bekannten Fußballer-Weisheit von Sepp Herberger: „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel“.